SICOSI – Intelligente Impedanzkontrollierte Instrumentierung zur schonenden Osteotomie

Partner

  • Lehrstuhl für Medizintechnik, Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik, RWTH Aachen University (mediTEC)
  • Lehrstuhl für Medizinische Informationstechnik, Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik, RWTH Aachen University (medIT)

Förderung

Die Arbeiten im Rahmen des Projekts SICOSI wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
(RA 548/6-1)
(Laufzeit: 06/2014-05/2016)

Projektbeschreibung

Im Rahmen des Projekts SICOSI wurde untersucht, ob das vorgeschlagene Konzept einer auf Bioimpedanzmessungen basierenden Schnitttiefenstellung für Osteotomiesägen technisch umsetzbar ist und ob sich dadurch eine relevante Verbesserung der Patientensicherheit erzielen lässt. Diese Betrachtungen wurden für die Beispielanwendung der Kraniotomie durchgeführt. Es wurde untersucht, ob die Schnitttiefe am Schädelknochen während des Sägens zuverlässig mittels Bioimpedanzspektroskopie ermittelt werden kann. Erste Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Sägetiefe sowohl basierend auf einem bipolaren als auch einem monopolaren Messprinzip mit einem maximalen Überschnitt von 2 mm (monopolar) bzw. 1 mm (bipolar) geregelt werden kann.

Zur genaueren Analyse des Messkonzepts in der Beispielanwendung der Kraniotomie wurde ein FEM-Modell erstellt und dessen Gültigkeit mittels Laborversuch an einem Rinderschulterblatt erfolgreich geprüft. Auf Grundlage dieses Modells konnten mittels FEM-Simulation die Machbarkeit der impedanzbasierten Knochenschichterkennung gezeigt, der zu erwartende, ideale Impedanzverlauf in Abhängigkeit der Sägetiefe ermittelt und der Einfluss verschiedener Elektrodenanordnungen auf die Messsensitivität analysiert werden. Eine bipolare Anordnung mit möglichst geringer Elektrodenfläche im untersten Bereich des Sägeblattes wurde hier als beste Anordnung hinsichtlich der Messsensitivität ermittelt. Abgesehen von der quantitativen Höhe der Messamplituden ergab sich keine qualitative Frequenzabhängigkeit des Impedanzverlaufs, so dass eine Messung bei fester Frequenz als ausreichend angesehen werden kann, wodurch grundsätzlich schnellere Messungen möglich werden.

Zur Integration der Impedanzmessung in ein chirurgisches Sägeinstrument wurde ein keramisches Sägeblatt entworfen, welches das Aufbringen zweier gegeneinander isolierter Elektrodenflächen ermöglichte. In Laborversuchen wurde gezeigt, dass das keramische Sägeblatt sowie das entsprechend angepasste Sägeinstrument für eine Impedanzmessung während des Sägevorganges geeignet sind. Nachdem die ersten Varianten des Sägeblattes noch eine Dicke von 3 mm aufwiesen, konnte diese auf 1 mm reduziert werden.

Basierend auf den Daten der Impedanzmessung wurde ein Regelungssystem für die Schnitttiefe entwickelt und in eine Echtzeitregelungsumgebung integriert. Die Regelung wurde mit den Impedanzen der einzelnen Schichten eines bikortikalen Knochens sowie von Luft kalibriert und an verschiedenen Schnittpfaden simuliert. Für unterschiedliche Drehzahlen wurde der optimale Punkt während der Sägeblattoszillation bestimmt, in welchem die Messung auszulösen ist, um die Bioimpedanz am tiefsten Punkt der Oszillation zu messen. In einem ersten Versuch konnte gezeigt werden, dass die Regelung an der realen Regelstrecke mit integriertem Messsystem funktioniert. Der ermittelte Überschnitt wich nur minimal (0,2 mm) vom Simulationswert ab.

Um bedienerunabhängig das korrekte und selbsterklärende Bedienen des Instruments zu ermöglichen, wurde die Mensch-Maschine-Schnittstelle des Geräts modelliert. Zu diesem Zweck wurden mögliche Fehler bei der Inbetriebnahme und intraoperativen Bedienung des Systems analysiert und in die Gestaltung der Schnittstelle mit einbezogen. Die entworfene Schnittstelle unterstützt den Operateur über proaktive Hinweise, um die optimale Führung des Instruments zu erreichen. Das Instrument gibt dazu über multimodale Informationskanäle Rückmeldung über alle relevanten Zustände, Abweichungen vom optimalen Sägeverlauf und die Annäherung an kritische Zustände, schon bevor diese eintreten. Außerdem sieht die Schnittstelle redundante Bestätigungen von kritischen Prozessschritten vor, um Fehler bei der Bedienung zu vermeiden. Zusätzlich ermöglicht die Schnittstelle das Bedienen des Instruments auch in Zuständen, in welche die automatische Schnitttiefenregelung nur eingeschränkt arbeiten kann. Dies könnte an Übergängen zwischen den Knochenplatten des Schädels der Fall sein, da es an diesen Stellen auch mit herkömmlichen Kraniotomen schwierig ist einem sauberen Schnittpfad zu folgen.

In Versuchsreihen mit dem überarbeiteten Gesamtsystem wurden vielversprechende Ergebnisse bei Versuchen an Schädelmodellen erzielt. Bei zwei von vier Trajektorien konnte das Sägeblatt der Knochenunterkante gut folgen, auf drei der vier Trajektorien wurde der zulässige Überschnitt von 1,5 mm nicht überschritten. Angesichts des sehr frühen Entwicklungsstadiums zeigt dies, dass das verwendete Messprinzip mit der dafür entworfenen Regelung prinzipiell geeignet ist, um Kraniotomien und ähnliche Operationen durchzuführen.

Publikationen

  • D. Teichmann, L. Rohé, C. Brendle, M. Müller, A. Niesche, K. Radermacher & S. Leonhardt: Estimation of penetrated bone layers during craniotomy via bioimpedance measurement: A preliminary FEM study shows promise. Proc. 37th Annual International Conference of the IEEE Engineering in Medicine and Biology Society, 2015
  • D. Teichmann, L. Rohe, A. Niesche, M. Müller, K. Radermacher & S. Leonhardt: Estimation of penetrated bone layers during craniotomy via bioimpedance measurement. IEEE Trans Biomed Eng, 2017, 64(4), pp. 765–774
  • A. Niesche, M. Müller, F. Ehreiser, D. Teichmann, S. Leonhardt & K. Radermacher: Smart bioimpedance-controlled craniotomy: Concept and first experiments. Proceedings of the Institution of Mechanical Engineers, Part H: Journal of Engineering in Medicine, 2017, 231(7), pp. 673-680
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